Eine Künstlerfamilie - Walter Kröhnke

Helmut R. Leppien

„Man wird in unserer Zeit nur selten einem Künstler begegnen, der in seinem Werk eine solche Klarheit, eine solche Ordnung ausgeprägt hat, wie Walter Kröhnke.“ Das schrieb 1949 anläßlich einer Ausstellung Doris Schmidt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Sie begründete diese These über die „Landschaften mit weiten Räumen, weich schwingenden Flächen, klar in der Gliederung“ so: „Was hier so unmittelbar anspricht, ist die innere Harmonie und Ordnung, ist die Sicherheit, mit der die Naturform zur Kunstform umgegossen ist. Es gibt keine Ausflüchte. Wo Ornamenthaftes auftritt, will es als Zeichen verstanden sein, die Kreuze und Punkte etwa als Bäume und Wald, die verschlungenen Linien gerade auf den Waldbildern als Ordnung in der Vielfalt. Es ist alles mit Leben erfüllt bis an den Rand. Die Farben sind nie grell, es bleibt immer eine Harmonie im Klang, im Gedämpften ist Frische. Es ist ein Glanz von innen her ...“

Kröhnke war noch nicht 30 Jahre alt, als Hitler die Macht in Deutschland ergriff. Er gehörte zu jenen jungen deutschen Künstlern, die sich nicht unterwarfen oder auch nur anpaßten: E. W. Nay und die Bildhauer Karl Hartung und Hans Uhlmann gehörten zum gleichen Kreis in Berlin, und manche von Kröhnkes Figurenbildern lassen an Nays gleichzeitige Arbeiten denken. Es ist heute gar nicht mehr vorstellbar, unter welchem Druck diese Künstler lebten.

Die älteren Kollegen wie Kröhnkes Lehrer Karl Hofer oder wie Schmidt-Rottluff (der wie die vorher genannten zu den Besuchern der Atelierausstellungen gehörte, die das Ehepaar 1937–39 veranstaltete) hatten wenigstens noch einige wenige Sammler, die weiter zu ihnen hielten. Die Jungen aber kannte fast niemand, und sie haben kaum eine Möglichkeit gehabt, ihre Arbeit bekannt zu machen. Im Olympiasommer 1936 hatte Kröhnke noch einmal eine Ausstellung in der Galerie f & f am Kurfürstendamm, die danach nicht mehr weiterarbeiten durfte.

Wegen der Devisenbewirtschaftung waren Auslandsreisen praktisch ausgeschlossen. Die Kunst, die sie liebten, war verfemt, wurde 1937 in den Museen beschlagnahmt und auf der Ausstellung „Entartete Kunst“ verhöhnt. Unter solchen Umständen sind Kröhnkes Bilder in den sieben Jahren von 1933 bis 1939 entstanden. Sie sind geprägt von der Beschäftigung mit der Kunst, die er während seines fünfjährigen Aufenthalts in Paris kennengelernt hat, und vom Erlebnis der Mittelmeerlandschaft und haben doch schon eine eigene Sprache gefunden.

So ist der spröde, dissonante Farbklang des Bildes „Drei am Meer“ von 1933 fern der französischen Tradition. Die in den folgenden Jahren entstandenen Landschaften sind anfangs durch Doris Schmidts Analyse gewürdigt worden. Sie sind ein ganz originärer Beitrag zur deutschen Kunst der dreißiger Jahre. Die Verbindung von dekorativer Begabung und Ausdrucksstärke, von Klarheit des Bildbaus und elegischer Stimmung, von Harmonie und Spannung, welche Kröhnkes Kunst von 1933 an kennzeichnet, macht ihren Rang aus. Es ist zu hoffen, dass er bald endlich erkannt wird.